Reisebericht Kazan

❤ Tag 1 ❤

Unser erstes Treffen heute fand beim Bauunternehmer unseres Tierheims statt. Er ist der einzige in Kazan, der bereit war ein Tierheim zu bauen. Da unsere Tierschützerinnen das Baumaterial selbst kaufen werden, wird er nicht viel an uns verdienen, aber er sagt, er sammle Karma-Punkte. Und das stimmt, karmatechnisch gesehen wird er mit dem Bau des Tierheims ein reicher Mann. 

Details zum Tierheimbau folgen.

Danach haben wir drei verschiedene Pflegestellen besucht und Promotion-Videos mit jedem Hund gedreht. Viele kleine Stars suchen ein Zuhause!

Die Hunde auf den Pflegestellen leben unter schlimmen Bedingungen. Bis zu acht Hunde quetschen sich hier in einen 4×1,5 m Zwinger in einem dunklen Schuppen ohne Licht oder Auslauf. Als wir sie für unseren Videodreh rausholen, können sie ihr Glück kaum fassen. Aber viel schlimmer ist ihr herzzerreißender Blick, wenn sie danach wieder in ihren dunklen Käfig zurück müssen. Maria sagt, das ist noch eine der besseren Pflegestellen. Wie recht sie hat, erfahren wir am nächsten Tag.

Auch die Welpen, die noch auf der Straße leben, haben wir besucht. Sie können dort nicht mehr lange bleiben. Kinder verfolgen sie und werfen Flaschen nach ihnen. Aber zum Glück werden sie rund um die Uhr von Oma Nina bewacht. Sie hat einen Krückstock und einen fetten Dackel und keine Angst, sie einzusetzen. 

Während wir die Welpen filmten, fand eine Tierschützerin ein Kätzchen im Gebüsch, vielleicht 4 Wochen alt. Sie nahm es mit nach hause, so wie immer.

Auf der besten Pflegestelle ganz Kazans nimmt unsere Reise noch eine unerwartete Wendung… unsere Hundevermittlerin Lena hat sich Hals über Kopf in den (nicht mehr lange) kleinen Welpen David verliebt. Resultat: er fährt mit dem nächsten Transport nach Deutschland. 

Abends haben wir eine Stadtrundfahrt gemacht und Kazanka gefunden (siehe https://www.facebook.com/hundehilferussland/posts/707425706124906).

❤ Tag 2 ❤

Heute stand die größte Pflegestelle auf dem Programm. 30 Hunde, die auf ihren Video-Dreh warteten. Maria kam uns mit Kazanka abholen, die auf dieser Pflegestelle unterkommen sollte. Dort angekommen wurden wir von Dreibeinchen Marusja begrüßt, einer ultraverschmusten Langzeitinsassin, die sich sofort auf den Rücken warf, um Streicheleinheiten abzustauben. In zwei separaten Gehegen lagen jeweils ein Wurf Welpen und ein Wurf Kätzchen, eingesammelt von den angrenzenden Wiesen. Die Kätzchen mussten alle zwei Stunden mit der Flasche gefüttert werden. Alle Babys sahen nicht gut aus. Sie hatten Schnupfen, verklebte Äuglein und litten sichtlich unter der Hitze von 40 Grad. Wir hoffen, dass sie durchkommen. Für eine russische Pflegestelle waren die Bedingungen für die Hunde hier ok. Ein Auslauf, eine kleine Hütte als Unterschlupf, das ist mehr, als viele andere Hunde hier erwarten können. 

Danach erwartete uns der komplette Gegensatz, die Horrorpflegestelle schlechthin, bei Olga. 

Olga lebte in einem kleinen heruntergekommenen Haus, davor ein Hund an der Kette, mit einem kleinen dunklen Holzschuppen nebenan. Dort erwarteten uns die Hunde, in dunklen Verschlägen, auf Zeitungspapier, aufgeweicht durch Exkremente. Olga hatte das Zeitungspapier wahrscheinlich nur hingelegt, weil sie wusste, dass wir kommen. Wir waren entsetzt. Doch was ist besser, wenn es sonst keine Pflegestellen gibt? Die Hunde hier zu halten mit der Hoffnung auf Vermittlung – oder sie auf die Straße zu setzen, wo sie vergiftet oder erschossen werden?  Wir verließen Olga mit gemischten Gefühlen, mit blanker Wut, doch auch etwas Mitleid, sie selbst lebt in ihrer Bruchbude nicht anders als die Hunde, und findet nichts dabei, weder beim einen noch beim anderen.

Danach besserte sich unsere Stimmung, denn wir fuhren auf UNSER GRUNDSTÜCK, auf dem bald ein Tierheim stehen soll! Dann heißt es nämlich ‚Dasvidanja Olga‘ und die Hunde können endlich umziehen, hoffentlich noch vor dem Winter. Wir machten ein Picknick und stießen an: auf die Zukunft der Kazaner Straßentiere!

❤ Tag 3 ❤

Der große Tag der Pressekonferenz! Mehrere Zeitungen aus Kazan und Umgebung waren gekommen, sowie viele private Tierschützer. In nächster Zeit werden wir einige der Artikel mit Übersetzung hier veröffentlichen. Insgesamt war die Pressekonferenz sehr erfolgreich. Natürlich kamen auch die typischen Fragen („Warum kümmert ihr euch nicht um eure eigenen Straßenkinder in Deutschland?“), aber das kennen wir ja schon. Doch vor allem kamen konstruktive Fragen, zahlreiche Ideen und jede Menge Sympathie uns gegenüber, auch zahlreiche Tränen der Rührung sind geflossen.

Im Anschluss fuhren wir in Guzels Gallerie. Sie ist Künstlerin, Doktorandin für Kunst an der Akademie und leidenschaftliche Tierschützerin. In ihrer Gallerie hängen ausschließlich Bilder von Tierschutzhunden der HHR, die sie vor Ort betreut. Der Erlös für verkaufte Bilder fließt in den Bau des Tierheims. Wir werden Guzel hier bald näher vorstellen!

Nach weiteren Pflegestellen und einem fröhlichen Picknick auf dem Parkplatz eines Supermarktes wurden wir von den Kazaner Mädels in den Nachtzug nach Moskau gesetzt. Der Abschied war tränenreich, Hoffnung hing in der Luft. So traten wir unseren Heimweg an, unsere Herzen weder schwerer noch leichter, doch irgendwie voller, in unseren Gedanken bei den unzähligen Augenpaaren, denen wir ein Versprechen gegeben hatten.